Hintergründe
Von den Ursprüngen...
"Captain Future" ist ein modernes amerikanisches Märchen, das alle Aspekte der klassischen "Space Opera" (1) zitiert: Die Aufteilung in Gut und Böse ist klar abgegrenzt, es gibt kein "Dazwischen", keine Grauzone. Übergeschnappte Wissenschaftler, perfide Technokraten und machtlüsterne Herrscher bilden die Riege der Feinde, deren Übeltaten die Erde - nein, die Vereinigten Sonnensysteme oder gar weiter entfernte Galaxien bedrohen, und Captain Future sorgt mit seinen Freunden dafür, dass dieser Spuk ein schnelles Ende nimmt. Das Gute siegt natürlich - sonst hätten wir ja keinen Spaß an den Geschichten.
"Erfunden" wurde der Charakter „Captain Future“ übrigens nicht von Edmond Hamilton (alleine)...
Man könnte sagen, dass der Captain eigentlich drei Väter hat: Zum einen Mort Weisinger, seines Zeichens Editor bei „Standard Magazines“ (die u. a. die SF-Titel „Thrilling Wonder Stories“ und „Startling Stories“ herausgaben) und zum anderen Leo Margulies, den dazugehörigen Chefredakteur, der die beiden oben erwähnten Heftreihen um eine dritte erweitern wollte (2). Zusammen mit Weisinger erarbeitete Margulies deshalb ein „proposal“, also einen Vorschlag für diese neue Science-Fiction-Serie, das dann im Juni 1939 vorlag. Als Schreiber konnten die beiden Edmond Hamilton mit ins Boot holen, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits als Autor einen Namen gemacht hatte („world wrecker“, Weltenzerstörer) und der an den von Weisinger und Margulies geplanten Charakteren noch einige Änderungen vornehmen sollte, bevor er sie mit seinen Texten schließlich zum Leben erweckte (daher die dritte „Vaterschaft“ ;-)).
Bereits kurze Zeit später wurde die Serie auf der allerersten World Science Fiction Convention (2.-4. Juli 1939) in New York City (3) und im Oktober desselben Jahres in Fanzines (z. B. Bob Tuckers „Le Zombie“ (4)) angekündigt. Mancherorts kann man lesen, dass sie „auf bzw. während dieser Convention“ erfunden worden sei, doch das ist schlichtweg falsch (2),(3).
Veröffentlicht wurde „Captain Future“ dann ab 1940. Die Serie entstand somit inmitten des „Goldenen Zeitalters“ der SF (zwischen 1938 und 1950), in dem in den USA viele Superhelden das Licht der Welt erblickten... Im realen Leben war dies allerdings keine so „güldene“ Epoche, denn etwa zur gleichen Zeit begann der Zweite Weltkrieg (1939-1945).
Ursprünglich waren die Abenteuer des Captains unter dem Titel "Mr. Future, Wizard of Science (Zauberer der Wissenschaft)" (5) geplant – mit einem schwarzgelockten (!), gutaussehenden Superwissenschaftler als Zentralfigur, die jedoch Züge aufweisen sollte, die sie auch trefflich für einen Charakter aus einem Alexandre-Dumas-Roman prädestiniert hätten (6).
War es die kriegsbedingte "Inflation der Kapitäne" (Captain America, Captain Avenger, usw.), die "Mr. Future" vom Privatmann zum Besitzer eines militärischen (oder zumindest nautischen) Ranges avancieren ließ? Jedenfalls beschlossen die Herausgeber, während der erste Roman bereits schon im Entstehen war, den Namen in "Captain Future" zu ändern. Außerdem hatte Hamilton zuvor noch nach tagelanger, mühseliger Überzeugungsarbeit (2), (6) die verlagsseitigen Vorgaben bezüglich der Protagonisten einer gründlichen Überarbeitung unterzogen, weil er sich sicher war, mit dem ursprünglichen Entwurf nicht wirklich arbeiten zu können.
Dies hatte folgende Auswirkungen:
- So ist Future - abweichend von der Ursprungsidee - kein durch einen Strahlenunfall seiner Mutter verursachter "Mutant" mehr (damals eine beliebte Voraussetzung, um Superheld zu werden), sondern "nur" ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Macken, der eben eine besondere Ausbildung erhalten hat, und seine Haarfarbe war nun nicht mehr schwarz (6),
- Otho wandelte sich vom ursprünglich geplanten kristallinen "Krieger vom Ganymed" hin zum Androiden; die ebenfalls vorgesehene Fähigkeit zum Gestaltwandeln durfte er allerdings behalten.
- Der Roboter Grag war nun nicht mehr ein telepathisch kontrollierter mechanischer Doppelgänger Futures, und
- Simon Wright, Future's Mentor, Erzieher und Vater-Ersatz, kein "lebendes Lexikon" mehr (geplant war ein Mensch mit unermesslichem Wissen, aber ohne jegliche Eigeninitiative), sondern das vom Körper isolierte Gehirn eines ehemals todkranken Wissenschaftlers.
- Auch musste Joan ihr Dasein als "Stratocar-Pilotin" und Abenteurerin lassen und wurde zur Agentin der Planetenpolizei.
Aus Herrn Future, dem Zauberer der Wissenschaft, dem Strahlemann mit dem gewinnenden Lächeln, den fliegenden Fäusten und einem Kuriositätenkabinett an Gefährten, wurde Captain Future, der Mensch, der mit seinen mechanisch-biologischen Freunden in einer Labor-WG auf dem Mond lebt.
Müssen wir jetzt traurig sein? Ich glaube, weniger ;-)
Einige Details sind allerdings vom ursprünglichen Konzept übrig geblieben (was letztendlich bedeutet, dass sie von Hamilton wohl für brauchbar befunden worden waren). Dabei handelt es sich neben Othos Fähigkeit zur Gestaltwandlung um den Tod des Vaters (hier allerdings durch eine Explosion verursacht) durch einen Eindringling in seinem Labor, Futures Aufgabe bzw. Berufung, für Gerechtigkeit zu kämpfen, seine Fähigkeit, sich für einen bestimmten Zeitraum unsichtbar zu machen (mittels eines Gerätes), den „Superheldengürtel“, die Tatsache, dass sein Raumschiff das stärkste und schnellste im Universum ist und an Bord über ein Labor verfügt, sowie um dessen „Kometentarnung“ – und offenbar auch um den Umstand, dass CF Joan nicht heiraten kann (eher: darf), bevor nicht der Friede im gesamten Universum hergestellt ist... ;-) (6).